Volles Haus bei EVAs Leseclub in der Buchhandlung Bücherwurm
Freitagabend in Grimma. Die Straßen sind leer, die Geschäfte geschlossen. Nur vereinzelt sind Passanten unterwegs. Doch statt zu flanieren und die Atmosphäre der kleinstädtischen Idylle zu genießen, streben die Spaziergänger alle auf ein kleines, gelb getünchtes Haus zu. Hinter großen Glasscheiben liegen bunt illustrierte Kinderbücher und in monochromen Tönen gehaltene Romane.
Im Inneren ist die Spannung fast greifbar. Überall stehen Menschen und unterhalten sich. Manche betrachten die Bücher, die sich überall auf kleinen quadratischen Tischen und in den Wandregalen stapeln. Andere wiederum schlängeln sich Bekannte suchend und findend durch die Besucher. Was sie alle verbindet, ist das Interesse an Literatur und so sind sie der Einladung von EVAs Leseclub gefolgt. EVAs Leseclub ist eine Gruppe von Schülerinnen und Schülern unseres Schulzentrums. Gemeinsam mit Ines Klisch, der Inhaberin der Buchhandlung Bücherwurm und der Initiatorin des Clubs, führen die Jugendlichen durch den Abend.
Den Auftakt macht Clara, die den historischen Roman Codename Verity von Elizabeth Wein präsentiert. Erzählt wird die Geschichte zweier Freundinnen: die der britischen Pilotin Maddie und der schottischen Geheimagentin Julie, die unter dem Codenamen Verity agiert. Nach einem Flugzeugabsturz über dem von den Nazis besetzten Frankreich gerät Julie in Gefangenschaft. Den eingeforderten Bericht über die britischen Kriegsanstrengungen schreibt sie in Form eines Romans an ihre Freundin Maddie. Mitten im Buch wechselt die Erzählerin und die Sichtweise der zweiten Freundin offenbart Unstimmigkeiten im Bericht der ersten. “Dieser Perspektivwechsel macht das Buch für mich so unglaublich spannend.”, resümiert Clara, ohne mehr verraten zu wollen. “Ich lade euch herzlich ein, dieses bewegende Buch selbst zu entdecken.”
Mit No Alternative von Dirk Reinhardt und Der Duft von Grün von Pamela Sharon stellen Charlotte und Mathilda gleich zwei Nominierungen für den diesjährigen Deutschen Jugendliteraturpreis vor. Während sich der erste Titel mit der Frage wie weit man als Klimaaktivist*in gehen kann und darf beschäftigt, erzählt der zweite die Geschichte der blinden Jugendlichen Raven und ihrer besten Freundin May-Lin. Mit ihr scheint alles möglich. Durch May-Lins Beschreibungen, wie sich Farben anfühlen und riechen, wird Ravens Welt bunt, bis die Farben mit einem Schlag wieder aus ihrem Leben verschwinden. Nils stellt mit Juli Zehs bereits als modernen Klassiker geltenden Corpus Delicti den letzten Titel des Abends vor. Die Geschichte spielt in einem 21. Jahrhundert, in dem die Gesundheit zum höchsten Gut und zur obersten Bürgerpflicht der Gesellschaft avanciert ist. Mia Holl, die als eigenständig denkende Naturwissenschaftlerin und aus Liebe zu ihrem Bruder, die bestehende Doktrin hinterfragt, muss sich vor Gericht verantworten. Die Ambivalenz des Buches prägt auch das Fazit des Abiturienten: “Ich liebe dieses Buch, aber ich hasse es auch. Unabhängig davon ist es sehr bedauerlich, dass es in Sachsen ab dem nächsten Schuljahr nicht mehr zu den Büchern zählt, die im Deutschunterricht gelesen werden sollen.”
Das Interesse an der Arbeit des Leseclubs zeigen nicht nur die vielen Besucher, sondern auch die zahlreichen Fragen im Anschluss an die Buchvorstellungen. Dabei geht es vor allem auch um die Mitarbeit in der Jugendjury beim Deutschen Jugendliteraturpreis. “Die Spannung und Vorfreude sind jedes Mal riesengroß.”, berichtet Ines Klisch. “Wenn ein Buch ausgewählt wird, das wir nominiert haben, ist das ein ganz besonderer Moment.”
In diesem Jahr müssen sich unsere Bücherwürmer noch bis zum 17. Oktober gedulden. Dann wird der Preis auf der Frankfurter Buchmesse erneut vergeben. EVAs Leseclub wird natürlich wieder mit von der Partie sein. “Unsere Fahrt zur Buchmesse wird zwar gefördert, aber die Mittel reichen nicht aus, um mit allen Jugendlichen des Leseclubs in Frankfurt zu übernachten. Spenden sind daher jederzeit willkommen.”, schmunzelt Klisch.